In letzter Zeit machen im Internet vermehrt Gerüchte die Runde, dass Ben Nevis in absehbarer Zeit schließen wird. Grund ist wohl ein Nutzungsvertrag des Grundstücks, den der Besitzer – eine Aluminiumfabrik – wohl zum Ausbau der eigenen Lagerlogistik zwecks Eigenbedarfs ändern will. Bestätigt ist bislang nichts und es gibt auch keinerlei Quellennachweis für diese Meldungen. Ben Nevis läuft weiterhin auf Hochtouren und liefert in erster Linie den dringend benötigten Whisky für die japanische Mutterfirma Nikka und deren Blends. Dass die 10jährige Standardabfüllung seit einigen Wochen vermehrt aus den Shops verschwindet und nur noch wenige Restbestände erhältlich sind, befeuert die Gerüchteküche allerdings. Gründe für die Knappheit erfährt man auch auf Nachfrage nicht.
Was jedenfalls gegen eine Schließung spricht, ist diese aktuelle Abfüllung, die seit kurzem vornehmlich auf dem britischen Markt Einzug hält. Es handelt sich um eine fassstarke Variante der 10jährigen Standardabfüllung. Ob sie diese in Zukunft ersetzen soll, ist nicht bekannt – Ben Nevis hält sich in Sachen PR schon immer eher zurück.
Jedenfalls sind scheinbar mehrere Batches geplant, denn auf dieser Flasche prangt ein deutliches „Batch No. 1“.
Neben dem deutlich höheren Alkoholgehalt von 62,4% unterscheidet sich diese Abfüllung in erster Linie durch die Fassauswahl vom Standard. Hier wurden nur erstbefüllte Bourbon-, Sherry- und Weinfässer verwendet. Ebenfalls ist mit dem 21. April 2008 eine genaues Destillationsdatum auf dem Etikett vermerkt und jede Flasche ist handschriftlich nummeriert. Wieviele Flaschen es insgesamt sind – auch darüber hüllt sich Ben Nevis in Schweigen. Das rückseitige Etikett enthält auch noch ausführliche Tastingsnotes von Whisky-Grandseigneur Charles MacLean.
Nachtrag: Nach neuesten Infos aus der Brennerei gibt es tatsächlich eine Knappheit an geeigneten Fässer für die 10jährige Standardabfüllung. Dieses Batch No.1 dient der Überbrückung, damit überhaupt eine Abfüllung aus der Destillerie erhältlich ist. Da hierfür nur sehr hochwertige wenige Fässer zur Verfügung standen, ist er preislich deutlich teurer.
Nase
Meine Frau:
„Alte ausgelaufene Batterien“
Ich:
Herrlich schroff und absolut typisch Ben Nevis geht es sofort los. Rostige Nägel und tiefdunkles öliges Kakaopulver bringen den unverwechselbaren Charakter dieser Brennerei, den ich bei vielen unabhängigen Abfüllungen so oft vermisse. Daneben eine schöne süße Honig- und Malznote und viel Muscovado-Zucker, reife Birnen, Kirschen und Mirabellen sorgen für eine anfangs eher leichte Fruchtaromatik, die nach etwas Standzeit aber von Rosinen, getrockneten Aprikosen und gerösteten Haselnüssen abgelöst und immer würziger wird. Die verschiedenen Fässer treten in erster Linie durch herbe und trockene Gewürze wie Kardamom und Muskat in Erscheinung. Trotz der über 60% ist der Alkohol kaum störend wahrnehmbar.
Gaumen
Warm und pfeffrig-scharf startet er im Mund, alles wird mit einer dicken schweren Süße geflutet, die an würzigen Akazienhonig und braunen Rohrzucker erinnert. Und auch hier gleich wieder dunkle Zartbitterschokolade in Kombination mit Trockenpflaumen und Rosinen. Abgewetztes Leder, herbe Espressobohnen, geriebene Muskatnuss und Kardamom sorgen zusammen mit harschen Eichenaromen für viel herbe Trockenheit, die ganz wunderbar die äußerst domninante Süße konterkariert. Mit äußerst voluminöser Wucht wird das hier alles präsentiert, unterstützt vom kantigen Alkohol.
Abgang
Hätte ich diesen Ben Nevis aufgrund der Würze und vollen Aromatik älter geschätzt, so bringt der doch eher recht kurze Abgang die Jugendhaftigkeit ans Licht. Aber auch hier kann er mit schönen würzigen Honig- und dunklen weinigen Fruchtaromen überzeugen und leicht herbes Eichenholz sorgt für einen trockener werdenden Ausklang, dem noch eine zarte und kaum wahrnehmbare Rauchfahne nachhängt.
Kommentar
Vom Standard-10jährigen unterscheidet er sich vor allem durch mehr Volumen und Tiefe, auch die Frucht wird hier mehr betont, was wohl auch den verwendeten Weinfässern geschuldet ist. Ein Zugewinn ist er ganz sicher, auch wenn er preislich die Schmerzgrenze für einen zehnjährigen Whisky deutlich überschreitet.
Kein übermäßig komplexer Whisky, aber er spiegelt den schroffen und nie weichgebügelten Charme des Brennereicharakters wunderbar wieder, der Ben Nevis erkennbar und angenehm von anderen Highland-Destillerien abhebt.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Gerüchte um eine Schließung der Destille in Luft auflösen und wir mit weiteren Batches rechnen dürfen.
Nun, Du schreibst Schmerzgrenze im Preis überschritten, wo liegt sie denn?
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Bei einem zehnjährigen Whisky deutlich unter 100 Euro. Auch wenn Originalabfüllungen von Ben Nevis selten sind, finde ich einen Preis von ca. 130 Euro doch deutlich zu hoch angesetzt.
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Das finde ich dann auch, das ist heftig!
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