Ein Single-Cask-Whisky gilt unter Whisky-Enthusiasten als das Nonplusultra des Whiskygenusses. Der Whisky kommt bestenfalls genau so aus einem Fass, wie er jahre- oder jahrzentelang dort drin gereift ist.
Midleton hat mit dieser sehr limitierten Serie nun noch eins draufgesetzt – es gibt nun den Single-Tree-Whiskey. Jede Flasche kann einem bestimmten Baum zugeordnet werden, aus dem das Fass hergestellt wurde, in dem der Whiskey reifte. Der Baum, mein Freund.
Hintergrund des ganzen: man wollte einen irischen Whiskey, der erstmals in Fässern aus irischem Eichenholz gereift wurde. Ähnliche Ambitionen kennt man auch von Mackmyra mit dem „Moment Svensk Ek„.
Im Gegensatz zu diesem handelt es sich bei dem Midleton allerdings nicht um eine Vollreifung, sondern um ein Finish in irischen Eichenfässern.
Für dieses bislang einzigartige Projekt suchte man 2012 zusammen mit Förstern geeignete Bäume in einem bestimmten Waldgebiet im County Kilkenny, wo man dann insgesamt neun ca. 130 Jahre alte Eichen fällte und deren Holz zum Trocknen und Herstellen der Fässer nach Spanien zur Bodega Antonio Páez Lobato in Jerez verschiffte. Nach 15 Monaten Trocknung stellten die besten Küfer von Jerez dann insgesamt 48 Fässer her, die dann mittelstark getoastet zurück in Irland mit einem Batch aus 15 bis 22 Jahre altem Pot-Still-Whiskey befüllt wurden, das vorher in Bourbon-Barrels aus amerikanischer Weißeiche reifte. Da man bislang keine Erfahrung hatte, wie sich das jungfräuliche irische Eichenholz auf das Destillat auswirkt, wurde die Reifung von Midleton’s Master Blender Billy Leighton monatlich kontolliert und am Höhepunkt des Reifegrades dann abgefüllt.
Und diesem Whiskey gab man den klangvollen irisch-gälischen Namen „Dair Ghaelach„, der nichts anderes bedeutet, als „Irische Eiche“.
In Fassstärke mit 57,9%, ungefärbt und nicht kühlfiltriert steht nun eine Flasche von Baum Nr. 7 vor mir. Jede Flasche ist dazu noch einzeln nummeriert und auf dem hübschen Etikett mit vielen Informationen versehen.
Nun mal schauen, ob es tatsächlich ein ganz spezieller Whiskey geworden ist, oder ob hier das faszinierende Storytelling überwiegt.
Auge
Mit einem tiefsatten kupferbraun liegt dieser Midleton ölig im Glas, langsames Schwenken führt zu zähen Schlieren und dünnen Legs, die sich träge ihren Weg zurück ins Destillat suchen.
Nase
Intensiv und mit einer unglaublichen Fülle strömen da die Aromen aus dem Glas. Die ersten würzig süßen Eindrücke mit einem Hauch Schuhwichse erinnern an einen Bourbon oder gut gereiften Rye. Dann aber gleich eine unverkennbare süße Potstill-Würze mit viel Malz und Waldhonig, dazu frisch geschälte saftige Orangen, die schlagartig die Speicheldrüsen anregen. Überreife Ananas und Papaya erinnern an den Redbreast aus gleichem Hause. Unmengen an süßer Vanille mit einer Karamellkruste vertiefen das Erlebnis. Und dann Eichenholz in allen Arten. Es schimmert immer wieder altes leicht muffiges Holz der Erstreifungen durch, aber bestimmend sind die frischen Eichenholzdauben. Die bringen Aromen von frisch gepflücktem Gerstenstengeln, gerösteten Kaffebohnen und glatt gehobelten blanken Eichenbalken in einer Schreinerei. Keine Bitterkeit, keine Überlagerung, alles ist wunderbar nebeneinander sortiert. Bei allem ist der Alkohol gut eingebunden, sogt für eine kühlende Brise Waldluft.
Geschmack
Auch im Mund beginnt umgehend ein grandioses Schauspiel an Aromenfülle. Die Verwandschaft zum Redbreast kann er auch hier nicht verleugnen, aber hier blitzen tropische Früchte wie Honigmelonen und Maracuja nur spärlich durch. Süßer Honig, Orangen und ein sagenhaft intensives Holzaroma geben die Richtung vor. Ohne jede Bitterkeit ist das Eichenholz omnipräsent und mundfüllend. Salbei, Thymian, Zimt und Gewürznelken sorgen für eine ordentliche Ladung Würze, dazu wieder viel Vanille und Salzkaramell und Espresso. Saftige reife und zuckersüße Zitrusfrüchte lassen den Speichel gefühlt literweise fließen. Der kräftige Alkohol spült das Ganze wärmend und intensiv über jede Region im Mund, ohne auch nur ansatzweise zu brennen.
Abgang
Der Abgang ist lang und von fruchtiger Süße bestimmt. In erster Linie Melonen und Orangen, unterlegt mit einer würzigen Malzsüße. Und wieder viel trockenes würziges Eichenholz. Ähnlich wie beim Readbreast will das wohlige Schmatzen kein Ende nehmen, so schön und intensiv klingt er aus.
Kommentar
Nach dem Redbreast 21 ist das ein weiterer Ire, der bei mir für Begeisterung sorgt. Dieser Midleton ist in der Tat ein kleines Erlebnis. Vollmundig und voller überbordener Aromen kann man sich einen ganzen Abend mit ihm beschäftigen.
Wer noch nie einen typisch irischen Potstill-Whiskey im Glas hatte, fängt besser nicht mit diesem hier an. Die Intensität vor allem der vielschichtigen Eichenaromen könnte da durchaus überfordern. Keine Frage, die Nachreifung in irischen Eichenfässern konnte hier das Aromenspektrum deutlich erweitern und vertiefen. Ein überaus gelungenes Experiment.