Deanston 2010 Marsala Finish MoS, 55,9%

Auf diesen unabhängig abgefüllten Deanston von „Malts of Scotland“ bin ich schon sehr gespannt! Ich verkoste ihn im direkten Vergleich mit einer Distillery Exclusive Originalabfüllung, die ebenfalls ein Finish in Marsala-Fässern erfahren hat.
Der augenscheinlichste Unterschied ist die Farbe. Während die Orginalabfüllung in einem leicht orangenen Alstgold leuchtet, hat dieser hier eine schöne rötlich-kupferne Farbe vom Marsala-Fass abbekommen.
Dafür ist diese Abfüllung von „Malts of Scotland“ mit geschätzten acht Jahren gerade Mal knapp halb so alt wie der DE.
Beide wurden ohne Kühlfiltration und ohne Farbstoff in Fassstärke abgefüllt, dieser hier mit 55,9% – nur wenig mehr als der ältere Konkurrent.
Die Rahmendaten sind bis auf das Alter also schon sehr ähnlich.

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Auge

Mit einer fruchtigen hellen kupferroten Farbe leuchtet er im Glas, nach dem Schwenken läuft der Whisky in schnellen Schlieren die Glaswand herab.

 

Nase

Durch die fruchtig wirkende Farbe und der Süßwein-Lagerung erwartet die Nase ein Potpurrie an Beerenfrüchten – aber weit gefehlt. Da kommt erst mal frisch geschrotetes Getreide, helles Malz und leicht vergorenes Obst. Metallische Noten zeugen von einer noch recht unreifen Jugend. Und dann kommen auch fruchtige Aspekte, in erster Linie pinke Tafeltrauben und frisch aufgeschnittene Quitten mit ihren herb-süßen Aromen. Das Eichenfass kommt mit Noten von frisch abgeschälten Ästen und Hobelspänen. Alles durchaus sehr kräftig und der Alkohol ist erstaunlich gut eingebunden.

 

Geschmack

Pfeffrige Schärfe und süße vergorene Traubenmelasse stürmen als erstes den Gaumen. Die Süße wird immer zuckriger und säuerliche Johannis- und Stachelbeeren bringen mehr fruchtige Noten. Als hätte ich gerade mehlige Haferflocken gekaut, legt sich ein pelziges Gefühl mit frischen Getreidenoten auf die Zunge, die alles wie einen sämigen jungen Grain-Whisky erscheinen lassen. Und viel mehr kommt da nicht mehr, weder das Marsala-Hogshead noch das unbekannte Fass der Erstlagerung konnten hier wirklich viele Eichenaromen beisteuern. Eher habe ich das Gefühl, auf unreifen Gerstenstengeln zu kauen, eher süßlich-grasige Noten.

 

Abgang

Kurz bis mittellang, mit malzigen Hefenoten, Pflaumenmus und Lakritze, im letzten Schmatzer noch ein paar süße Beeren und ein Hauch Honig.

 

Kommentar

Sowohl die Farbe als auch die Aromen lassen vermuten, dass die Erstlagerung in einem schon mehrfach genutzten Re-Fill-Fass rein subtraktiv ohne tiefgreifende Reifungsarbeit stattfand und das Finish dann zur Aromatisierung und Farbgebung genutzt wurde. Ein vor allem bei unabhängigen Abfüllern durchaus gängiges und völlig legitimes Verfahren. Und ehrlicher als der Einsatz von Farbstoff.
Aber das Finish vermag die Defizite der Erstlagerung nur sehr bedingt auszubügeln, insgesamt erinnert er mich an den auch erst kürzlich erschienenen neunjährigen Deanston von Jack Wiebers. Genau wie dieser wirkt auch hier alles unfertig und unreif, wie ein Hefebrot, dass zu früh aus dem Ofen genommen wurde.
An der Jugend allein kann es nicht liegen, da hat Deanston selber mit dem 2008 Bordeaux und dem Brandy Cask gezeigt, dass auch junge Malts aus der Brennerei äußerst delikat und komplex sein können – gute Fässer vorausgesetzt.
Somit ist dieser unabhängige Deanston sensorisch keine Offenbarung, wenn nicht gar Enttäuschung, der Abgang hat mir da noch am besten gefallen. Dafür aber mit unter 60 EUR für ein Single Cask trotz allem recht fair bepreist.

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