Feller Single Grain Augustus, Portwein-Finish, 43%

Bei einem Kurzausflug nach Tübingen verschlug es mich in einen kleinen Laden, der neben Essigen, Ölen, Likören und Obstbränden eine erstaunlich große Auswahl an nichtschottischen Whiskys zu bieten hatte. In erster Linie fanden sich dort Whiskys aus deutscher Produktion, vornehmlich schwäbische. Daneben auch französische, australische, neuseeländische, isländische, schwedische und jede Menge mehr – man hätte eine kleine Whisky-Weltreise antreten können!
Vor allem die Vielzahl an deutschen Whiskys fand ich sehr beeindruckend. Darunter viele bekannte Namen, von den meisten aber hatte ich noch nie etwas gehört. Da ich noch Fahren musste, konnte ich leider keine der unzähligen offenen Flaschen probieren, und so entschied ich mich für einen Whisky aus der schwäbischen Brennerei Feller – den Single Grain „Augustus“ mit einem Portwein-Finish. Wobei ich zugeben muss, dass da das Auge der Hauptkäufer war. Die überaus edel erscheinende eckige Flasche mit dem dunklen Inhalt war einfach unwiderstehlich.
Einer ihrer Single Malts erhielt wohl auch mal eine hohe Punktzahl in Jim Murray’s alljährlich erscheinender Whisky Bible – aber das beeindruckt mich in keiner Weise. Zu konträr finde ich viele Bewertungen im Vergleich zu meinem Geschmacksempfinden, als dass ich dieses Werk für Empfehlungen zu Rate ziehen würde.

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Meine Begeisterung für deutschen Whisky hält sich nach diversen schlechten Erfahrungen in Grenzen, aber ich bin immer willig, meinen Horizont zu erweitern.
Laut der Internetseite der Feller-Brennerei wird der Whisky dort sechsfach (!) destilliert – warum man einem Whisky so etwas antun muss, erschließt sich mir nicht ganz. Aber schauen wir mal, guten Mutes kommt der Single Grain ins Glas, der nach dem Firmengründer August Feller benannt wurde.
Er wurde aus Weizen aus eigenem Anbau hergestellt, reifte drei Jahre in einem Bourbon-Fass und danach noch ein Jahr lang in einem Portweinfass. Abgefüllt wurde er ungefärbt mit 43% Alkohol. Die Rahmendaten klingen also schon mal nicht schlecht.

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 Auge

Ein leuchtendes helles Orange-Rosa zeigt den Einfluss des Porweinfasses, im Sommer könnte man mit ihm bei einem Roséwein-Empfang unetdeckt dem Whiskygenuss frönen.

 

 Nase

Die Aromen steigen wie ein flüchtiger Morgennebel sehr leicht und fast schwebend aus dem Glas, und  was ich erhaschen kann,  gefällt mir gut. Vor allem ein leichtes Beerenkompott mit viel süßer Vanille, dazu herbe saftige Grapefruits und leichte weinige Noten. Kerniges Leinöl lässt ihn sehr voluminös erscheinen, ein metallisches Aufblitzen verrät jedoch das junge Alter.  Aber trotz aller Jugend ist dezentes würziges Eichenholz vorhanden. Insgesamt ist das alles sehr leicht und sommerlich und ohne irgendwelche Fehlnoten.

 

 Geschmack

Im Mund legt er mit einem überraschenden Aha-Effekt los. Viel kräftiger als die Nase vermuten lässt startet er wärmend und mit einer schönen Ingwerschärfe. Dann folgt gleich eine fruchtige Süße mit vielen roten und schwarzen Beeren, in erster Linie Johannisbeeren und leicht herb-saure Preiselbeeren mit ein wenig Vanille. Leichtes Leinöl sorgt wieder für eine schöne ölige Textur. Dann wird es recht schnell trockener und etwas holzig, herbe Gewürze wie Kardamom, Muskat und Gewürznelken werden immer kräftiger und der Mund wird zunehmend trockengelegt.  Alles ist schön srukturiert, aber durch den raschen Wechsel von süß zu trocken auch ein wenig unausgewogen.

 

 Abgang

Im kurzen bis mittellangen Abgang geben gezuckerte Johannissbeeren und schöne reife Grapefruits den Ton an, von den Eichenfässern kommen wieder würzige Noten nach Zimtrinde, Muskat und Gewürznelken, die den Abgang immer trockener werden lassen.

 

 Kommentar

Ein deutscher Whisky, dem man sein Deutsch-Sein nicht gleich anmerkt. Das könnte auch ein schöner junger Pot-Still-Ire sein. Ich hab hier keine schlimmen Fehlnoten, alles ist sehr dezent gehalten und sommerlich luftig, mit einer schönen leichten Fruchtigkeit, die mir gefallen hat. Das Portweinfass hat typische Noten hinterlassen können und ich habe ein paar Parallelen zum Teeling Brabazon No.2 aus Portweinfässern entdecken können.
Die herb-trockenen Akzente sind hier vielleicht ein wenig zu dominant, stören das seidige Gesamtbild insgesamt aber nur unwesentlich. Von allen deutschen Whiskys, die ich bislang probiert habe, ist das eindeutig einer der schönsten. Nicht perfekt, aber auf einem sehr guten Weg.

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