Dieser Moment ist in mancherlei Hinsicht außergewöhnlich für Mackmyra. Auf den ersten Blick fällt die für einen Moment geringe Flaschenzahl auf. Sind es in der Regel sonst oft mehrere Tausend, die aus den unterschiedlichsten Fässern abgefüllt wurden, so fanden hier nur 761 Flaschen den Weg in die Whiskywelt – was vor allem in Schweden zu einem raschen Ausverkauf führte. Bereits Ende Mai war er über den schwedischen Monopol-Shop „Systembolaget“ nicht mehr erhältlich.
Für Deutschland – Mackmyras wichtigster Absatzmarkt außerhalb Schwedens – wurden offenbar extra Flaschen zurückbehalten, nach und nach taucht der Svensk Ek in einigen Shops auf. Und ist meist schnell wieder vergriffen.
Zum anderen fehlt hier gänzlich die sonst übliche und oft abenteuerliche Kreativität bei den verwendeten Fässern. Statt wie so oft aberwitzig anmutende Fasskreationen, die mit den kuriosesten Getränken wie Birken- oder Moltebeerwein gesättigt wurden, hat Mackmyra hier ausschließlich stark getoastete Fässer aus schwedischer Eiche verwendet. Quasi ein nackter, unverfälschter echter Virgin-Oak-Mackmyra.
Und dieser Svensk Ek ist damit in dritter Hinsicht etwas ganz besonderes für Mackmyra, nämlich der erste originär schwedische Singe Malt – vom Gerstenkorn bis zum Fass. Zwar war man immer schon bemüht und stolz, dass die Zutaten alle regional angebaut und verarbeitet wurden, aber so wurden doch bei jeder Abfüllung bislang auch Fässer aus amerikanischer Eiche, Ex-Bourbon-Fässer oder edle Weinfässer aus Frankreich oder Italien verwendet. Auch beim schon lange und regulär erhältlichen Svensk Ek fanden neben schwedischen Eichenfässern auch Fässer aus amerikanischer Weißeiche Verwendung.
Um diesen schon beinahe patriotischen Akt zu unterstreichen, füllte man den Rohbrand am Nationalfeiertag, dem 6. Juni 2008, in fünf 100-Liter-Fässer aus Eichenholz, das auf der Insel Visingsö im Vätternsee unter recht strengen klimatischen Bedingungen sehr langsam gewachsen ist und aufgrund der dadurch bedingten hohen Dichte sonst für den Schiffsbau der schwedischen Flotte verwendet wird.
Der Alkoholgehalt variiert bei den Moments immer. Wurde der letzte Fjällmark noch mit schwächlichen 42% abgefüllt, so hat dieser Svensk Ek stolze 47%.
Auge
Die Farbe ist dunkel, rostbraun mit einem rötlichen Kupferschimmer.
Nase
Gleich die gewohnte würzige und säuerliche Süße von Mackmyra, die hier mit schönen Noten einer sommerlichen Kräuterwiese ergänzt wird. Die raumfüllenden fruchtig-süßen Aromen eines Obstkorbes mit reifen Äpfeln, Birnen und Trauben, der auf einem schweren Holztisch steht – meine erste Assoziationen, die meine Speicheldrüsen schlagartig anregen. Dazu kräftige Zitrusnoten, vor allem Limetten und saftige Grapefruits. Richtig fette Vanille und süßes Toffee mit Anklängen von Butter-Karamell erinnern entfernt an einen Glenrothes. Frische und noch leicht feuchte süß-herbe Tabakblätter und eine ordentliche Salzigkeit erweitern das Aromenspektrum noch mal deutlich hin zu mehr Würzigkeit. Die schwedische Eiche ist ebenfalls von Beginn an omnipräsent, wie ein frisch verlegter grober Dielenboden als Grundlage, auf dem dieser Mackmyra sich enfalten kann. Dabei ist die Eiche eher weich und weit entfernt von typischen alten Holzfässern, eher ein frisch abgehobelter und leicht geschmirgelter Holzbalken.
Geschmack
Kräftig süß und fruchtig wie eine gefüllte Obststiege aus dem eigenen Garten legt er los, darunter reife Äpfel und Birnen und noch etwas feste Pfirsiche. Das alles begleitet von einer holzigen Würze wie ein angekokelter Holzscheit. Eine flüchtige Schärfe von frisch gemahlenem Pfeffer kleidet den gesamten Mundraum aus. Es wird immer trockener mit angenehmen Tanninen, die zwar leicht adstringierend, aber nie bitter wirken und die Zunge mit einem leichten Pelz belegen wie nach dem Kauen frischer Walnüsse. Im ganzen Mund schöne Aromen nach kräftig gebräuntem Toastbrot und einem starken Espresso. Die Eiche ist wuchtig und präsent und auch hier eher hell, frisch und etwas derb und erinnert an frisches Sägemehl in einer Schreinerei. Gedämpft wird die Trockenheit durch die schöne krautige und fruchtige Obst-Süße, die immer wieder nach oben schwappt.
Abgang
Der Abgang ist ziemlich lang, bietet wunderbar kräftige Röstaromen, mildes Malz und Karamell und wieder dieses schöne weiche polierte Eichenholz. Ein echter Gaumenschmeichler, der lange nachhallt.
Kommentar
Der Name ist hier Programm – die Show gehört fast ganz der schwedischen Eiche. Selten hatte ich derart wuchtig-intensive und zeitgleich schöne weiche Eichennoten wie hier. Der fruchtig-süße Grundcharakter von Mackmyra fängt die herbe Trockenheit dabei aber sehr schön ab. Die abwechslungsreiche Aromenfülle lässt mich immer wieder nippen und erneut staunen.
Traditionell und puristisch einerseits, aber auch gewagt – Virgin Oak kann bei einem Whisky Segen und Fluch zugleich sein, zumal bei europäischer Eiche, die harschere und tanninreichere Aromen als die mildere amerikanische Weißeiche an den Whisky abgibt – Fehlnoten lassen sich da schwieriger händeln.
Man wollte einen rein schwedischen Single Malt schaffen, ohne den üblichen Schnickschnack, ohne irgendeinen Einfluss anderer Zutaten. Und hier hat das ganz wunderbar funktioniert. Das Ergebnis ist geradlinig, sehr komplex und außergewöhnlich. Dieser Moment ist ein kleiner Meilenstein für Mackmyra und in seiner Klarheit für mich einer der schönsten aus der Moment-Reihe.