Glen Garioch 21yo, 55%

Der Wolf im Schafspelz

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Die Whiskys von Glen Garioch finden eine immer größere Fangemeinde, vor allem der 15jährige aus Oloroso-Fässern erfreut sich noch immer großer Beliebtheit und findet schnell reißenden Absatz, wenn er mal zu vernünftigen Preisen angeboten wird. Nach und nach werden die Standard-Originalabfüllungen um besondere Abfüllungen der Renaissance-Reihe erweitert. Möchte man Abwechslung, muss man auf unabhängige Abfüller zurückgreifen – derer es viele gibt.
Dieser 21jährige wurde vom schottischen Whiskyshop Abbey in einer Rare Cask Serie herausgebracht – die geringe Flaschenzahl spricht für eine Fassteilung.
Gereift ist er in einem nicht näher definierten Hogshead ohne jedes Finish. Er kam ohne Kühlfiltration in voller Fassstärke mit 55% und ungefärbt in die Flaschen.

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 Auge

Ein helles, klares und leuchtendes Gelbgold, die Tropfen laufen sehr langsam die Glaswand herab, bilden nur harnäckig dünne Beinchen.

 Nase

Schwer und ölig schwappen da Aromen aus dem Glas, Olivenöl – aber nicht das scharfe grasige und meist grüne, sondern frisches mildes Olivenöl – lässt ihn beinahe mediterran wirken. Dazu passen die sehr kräftigen Zitrusnoten – die so intensiv und aromatisch scharf riechen wie die Hände, nachdem man eine Zitrone ausgedrückt hat.
Er offenbart auch sein Alter gleich schon in der Nase mit trockenen alten Holznoten – ein spannendes Zusammenspiel zwischen saftig-wässernden Zitrusnoten und knarztrockenem Eichenholz! Dazu umweht eine kühlende Menthol-Frische die Nase. Die aufkommende schöne Vanille hat es schon beinahe schwer, sich durch die ganzen dichten Aromen zu drängen. Ich hab mich füher gern stundenlang in muffigen Kellern von Antiquariaten herumgetrieben und den Duft nach alten abgegriffenen Büchern hab ich auch hier.  Je länger man riecht, desto mehr Aromen entfalten sich, es wird mineralisch, ja fast schon speckig-salzig. Feuchter Waldboden mit Laub, nassen Steinen und alten Baumstämmen – ich rieche jetzt schon über eine halbe Stunde und entdecke immer mehr!

 Gaumen

Kräftig, trocken und süß startet er im Mund, eine Chilinote bringt knackige Schärfe. Gezuckerte Zitronen, eine süße reife Honigmelone und eine fette Ladung Vanille sorgen für eine süße fruchtig-saure Explosion. Und dann auch gleich schon heftiges Eichenholz. Das allerdings nicht beißend und bitter, sondern sehr tief, alt und würzig mit Kardamom, Zimt und Koriander. Es wird wieder mineralisch und erdig, frischer nasser Lehmboden nach einem Gewitterregen kommt mir in den Sinn. Und immer wieder das dominante Eichenholz, alt und abgewetzt und speckig.

 Abgang

Gar nicht enden-wollend! In erster Linie schöne trockene und würzige Holznoten der Eiche, dazu grasige Frische nach getrocknetem Heu, malzige Vanillesüße und herbe Gewürze wie Nelken und Kardamom.

 Kommentar

Eine Abfüllung, die einmal mehr zeigt, dass es keine exotischen Fassexperimente oder Finishes braucht, um einen äußerst komplexen, spannenden Whisky zu bekommen – manchmal ist weniger einfach mehr. Und man soll sich nicht von der hellen Farbe täuschen lassen – dieser Glen Garioch hat es in sich und ist kein leichter Dram. Er ist direkt und geradlinig, wirkt anfangs vielleicht etwas schroff. Man muss sich Zeit nehmen und sich auf ihn einlassen, die komplexe Kraft und Tiefe hinter der anfänglichen Schroffheit erkennen, dann wird man mit einem Whisky belohnt, der einen ganzen Abend beschäftigen kann und ein befriedigendes wohliges Lächeln hinterlässt.

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