Nach dem zehnjährigen Single Cask, der exklusiv für Abbey-Whisky abgefüllt wurde, hier gleich schon wieder eine gleichaltrige Einzelfassabfüllung, die für den britischen Markt bestimmt ist. Das Spannende dabei: zwei fast analog gereifte Whiskys, die man wunderbar vergleichen kann, vor allem, wie sich der Einfluss des Fasses auf das Endprodukt auswirkt. Beide in Sherry-Fässern gelagert, Glenrothes nutzt meist ehemalige Oloroso-Fässer.
Die Alkoholstärke ist mit 66,8% ebenfalls sehr hoch und verspricht volle Aromen. Die natürliche Farbe ist fast identisch mit dem Abbey-Whisky, ich finde ihn einen Tacken dunkler. Ich bin sehr gespannt und kann den Vergleich kaum erwarten!
Nase
War das Fass #5469 eher schwer und ölig mit vielen Gebäcknoten, so ist dieses Fass #5465 eindeutig auf der fruchtigen würzigen Seite, der Einfluss des Oloroso-Fasses ist unverkennbar.
Eingedicktes dunkles Früchtekompott frisch vom Herd, aromatische getrocknete Aprikosen, dazu wunderbar würziger Muscovado-Zucker und herbsüße Orangenschale in Salzkaramell. Auch habe ich hier deutlich mehr Gewürze, vor allem herbes Kardamom, Muskat und Zimtrinde, dazu etwas Marzipan. Ich hatte in Irland einmal das Vergnügen, Mince Pie zu essen und die Nase erinnert durchaus daran. Das Fass ist auch von Beginn an spürbar und das Holz wirkt kantig und feucht. Je länger man riecht, desto tiefer wird man hineingezogen in die dunkle würzige Aromenvielfalt dieses jungen Speysiders, immer mehr verdichtet sich alles zu einer hinreißenden Kombination aus Orangenfrucht, Gewürzen und altem Holz. Ich bin immer wieder erstaunt, wie voll und reif schon so junge Whiskys sein können, wenn sie in guten Fässern ausgebaut werden – faszinierend!
Gaumen
Der Gaumen gehört ganz dem Fass, und es muss ein ziemlich altes Oloroso-Fass gewesen sein. Statt der markanten Ingwerschärfe des Schwesterfasses rinnt dieser Glenrothes prickelnd und mit deutlicher Fruchtsäure über die gesamte Zunge, saftige Orangen, Mandarinen und herbe Pampelmusen – die Speicheldrüsen laufen auf Hochtouren! Auch hier dann wieder süßer Rohrzucker, aromatischer Pfeifentabak, eingelegte Rosinen und viele Gewürze wie Nelken, Zimt und Muskatnuss vertiefen das Geschmacksbild enorm. Das Fass bringt schnell auch herbe, trockene und muffig-feuchte Holznoten und bremst den Speichelfluss wieder. Schöne Tannine legen einen leichten Pelz auf die Zunge.
Abgang
Der Abgang gestaltet sich eher mittellang und ist geprägt von süßen Orangen, Trockenpflaumen, altem feuchten Eichenholz und einer malzigen herben Süße. Insgesamt fruchtig-trocken und etwas herb.
Kommentar
Ich mag Whiskys, bei denen es so richtig rund geht. Und das tut es hier! So wenig ich die Einstiegs-Standards von Glenrothes mag – so sehr können mich solche Perlen aus dieser Speyside-Destillerie begeistern.
Die Abfüllungen der beiden 2006er Single Casks müssten aufgrund der nahe beieinanderliegenden Fassnummern recht zeitgleich geschehen sein und beide lagen fast gleichlang im Fass, aber es sind unter ziemlich identischen Bedingungen zwei sehr unterschiedliche Charaktere herausgekommen – ein schönes Beispiel über den wichtigen Einfluss des Fasses auf den endgültigen Whisky. Bei beiden ist der Glenrothes-Stil noch deutlich erkennbar, dieses Fass hier aber ist weniger rund, hat deutliche Ecken und Kanten, vor allem das offensichtlich alte Oloroso-Fass prägt das Gesamtbild und lässt den Whisky mit trockenen Sherryaromen und vor allem den ausgeprägt „alten“ Eichennoten älter erscheinen, als er ist. Das alte Holz des Fasses ist von der Nase bis zum Abgang präsent und macht diesen jungen Glenrothes zu einem kleinen Erlebnis. Im Abgang merkt man die Jugend, aber in der Nase und am Gaumen ist er wirklich umwerfend. Vor allem die anfängliche prickelnde Säure, das muffige Holz und die schönen Orangen haben es mir angetan!