Kleines Eifel-Reise-Tasting

Wenn man als Whiskyliebhaber verreist – auch wenn es nur ein paar Tage sind! – muss man selbstverständlich sein eigenes Glas und genug Vorrat (sprich: für jeden Abend mindestens drei verschiedene) seiner Lieblingswhiskys mitnehmen, rollt sie sorgfältig in T-Shirts oder stopft sie in Socken und platziert sie sicher zwischen Unterhosen und Jeans. Und erntet bestenfalls ein ungläubiges bis mitleidiges Kopfschütteln inkl. Augenverdrehen des mitreisenden Partners.
Gleiches Ritual also auch bei einem kleinen Kurztrip in die Eifel – wobei ich es mir diesmal eigentlich hätte sparen können. Die Besitzer des kleinen familiären und tierfreundlichen Hotels entpuppten sich als Whiskyliebhaber und es gab im Kaminzimmer eine für ein so kleines Hotel beachtliche Auswahl an netten Standards. So ziemliche jede Region Schottlands war vertreten. Und dazu statt der üblichen Tumbler echte hochwertige Nosinggläser. Das Ganze basierte auch noch auf Vertrauen, die Whisky-Vitrine war nie abgeschlossen und die Besitzer nachts nicht anwesend. Man konnte sich frei bedienen und wurde gebeten, die getrunkenen Drams auf einer Liste nebst Zimmernummer zu notieren. Sympathie, die allerdings auch oft ausgenutzt wird, wie mir die Chefin berichtet. Auch unter Whiskyliebhabern gibt es Blödmänner!
Mein Augenmerk aber fiel weniger auf die Schotten, als vielmehr auf einen Whisky aus der Region, der dort stand.
Inzwischen gibt es mehrere Brennereien in der Eifel, die neben anderen Produkten auch Whisky brennen. Bislang hab ich bei solchen Misch-Brennern noch nicht viel Gutes finden können, aber man bleibt ja neugierig. Bei einem Ausflug hatte ich mir aus einem Laden ein Sample einer anderen Brennerei mitgenommen und am Abend dann beide bei einem gemütlichen Kaminfeuer verkostet.

 

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Den Anfang macht ein Single Malt aus der Brennerei Faber in Ferschweiler. Dort werden in langer Tradition in erster Linie hochwertige Obstler gebrannt. Nebenbei aber eben auch Whisky. Anders als die schottischen Vorbilder wird er allerdings nur einmal destilliert, was vermutlich den technischen Gegebenheiten vor Ort geschuldet sein dürfte. Es gibt zwei veschiedene Reifungen, eine in gewöhnlichen Ex-Bourbon-Fässern und eine andere in stärker getoasteten Fässern. Beide sind sechs Jahre alt und wurden ohne Farbstoff und ohne Kühlfiltration mit 46% abgefüllt.
Ich hab mich für die Variante aus den stärker getoasteten Fässern entschieden.

 Nase

Gleich Assoziation mit einer Konditorei – meine Nase wird umschwirrt von Bittermandelöl und frischem buttrigen Mohnkuchen, dazu gesellt sich seltsames herbes frisch geschlagenes, harziges Nadelholz und trockene Eiche, an Frucht kann ich marginal etwas Mirabelle erahnen. Nach und nach kommt auch noch herbes Nelkenöl.

 Gaumen

Süße Melasse mit ein wenig Karamell, dann kommt gleich fahles und kaum definierbares Obst, florale Noten mit leichtem Flieder, poliertes Fichtenholz wie die Schränke einer Jugendherberge (samt muffeligem Inhalt), wieder Mohnkuchen mit Marzipan, noch mal ein klitzekleiner Anklang von hellen Früchten und etwas würziges Eichenaroma

Abgang

Im kurzen Abgang dominieren immer trockener werdende Holznoten und bitteres Nelkenöl.

Dieser „Whisky“ ist leider ein weiteres gutes Beispiel dafür, dass selten etwas Gescheites dabei rauskommt, wenn Obstbrenner auf den Whiskyzug aufspringen und zwischendurch dann einfach mal Malz durch die Obstleranlage jagen. Zumal dieser Whisky auch nur einfach destilliert wurde. Fehlnoten ohne Ende. Mit Whisky hat das Endergebnis meiner Meinung nach herzlich wenig zu tun und selten war ich froher, dass sich der Abgang so kurz gestaltet hat.

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So, dann Glas und Mund gespült und auf zum zweiten Kandidaten des Abends, einen Single Rye aus einem Einzelfass der Firma „Eifel-Destillate“ aus Ochtendung bei Koblenz.
Das Malz kommt aus drei verschiedenen Mälzereien, zwei in der Eifel und eine in Bayern, und wird nach genauer Vorgabe gemälzt. Gebrannt wird in der Eifel, der erste Brand erfolgt auf einer kupfernen Brennsäule und der zweite Brand in einer Kupfer Pot-Still. Bevor der New Make mit gut 75% Alkohol in die Fässer kommt, wird er auf 60% runterverdünnt, weil nach Meinung des Betreibers dabei der beste Austausch zwischen Rohbrand und Fass stattfindet.
Bei dieser Einzelfass-Abfüllung handelt es sich um einen Whisky aus 90% deutschem Roggen und 10% Gerstenmalz. Gelagert wurde er in einem Oloroso-Fass und ist 5 Jahre jung. Die vielversprechende kaffebraune Farbe mit einem leichten Rotstich spricht für Firstfill.

 Nase

Schon beim Einschenken ins Glas wehen mir saftige Sherry-Aromen entgegen – SO mag ich das!
Auf dem Bonner Marktplatz gibt es einen Stand mit vielen verschiedenen Trockenobstsorten und ich kann mich selten zurückhalten, dort jedesmal meine Nase schweifen zu lassen – und so intensiv geht es auch hier ab. Dazu süß-herber Tabak, frische Zimt- und Vanillestangen, dunkler karamellisierter Rohrzucker und die Eiche bringt leicht bittere Holznoten ein. DAS ist eine Scherrybombe! Einen eigenen Whisky-Stil vermag ich allerdings nicht zu entdecken.

 Gaumen

Hier erinnert die cremige würzige Süße gleich an einen amerikanischen Rye-Whiskey. Er startet warm und mild mit einer leichten Säure und gleich wieder viel fruchtiger Oloroso. Die wirklich dominante Süße kommt immer mehr von der Honigfront und auch hier jede Menge würziger Tabak, abgewetztes Leder und Nelken und Zimt. Saftige Orangen regen den Speichel an, die Eiche hält sich hier etwas zurück, bringt nur leichte herbe dunkle Noten.

 Abgang

Überraschend kurz – wie fast immer bei Roggen/Grain – gestaltet sich bei all der vorangegangenen Wucht der Abgang. Der ist aber schön wärmend, ohne zu brennen und ist von der würzigen Sherrysüße geprägt

 Kommentar

Ich hatte nach dem Vorgänger ja keine großen Erwatungen und befürchtete, meine Vorurteile gegenüber deutschem Whisky würden sich erneut bestätigen, aber weit gefehlt! Bei einer Blindverkostung hätte ich auf einen jungen, gut gereiften Speysider getippt. Er hat zwar wenig eigenes Profil, aber das Fass war hervorragend, er hat keinerlei Fehlnoten und er bietet alles, was man an intensiven Sherrywhiskys so mag. Abend gerettet!

 

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