Glenrothes hat ein für Einsteiger erst mal recht verwirrendes Vintage-System bei der Veröffentlichung ihrer Whiskys entwickelt. Wo andere ganz klar und einfach eine Jahreszahl draufschreiben, stehen bei Glenrothes immer mehrere Daten auf den Flaschen, durch die man sich erst durchlesen muss, will man genau wissen, was man da trinkt.
Als Jahrgangswhiskys befinden sich in den Flaschen ausschließlichWhiskys, die im angegebenen Vintage-Jahr gebrannt wurden. Das „Approved“-Datum gibt dann an, wann die ausgwählten Fässer in einem großen Vatting-Gefäß dann zusammen vermählt wurden. Irritierend ist dann oft, dass zwischen dieser Vermählung und der tatsächlichen Abfüllung in die Flaschen oft mehrere Monate oder gar Jahre liegen können, die aufgrund der Größe der verwendeten Gefäße dann aber nicht mehr zur Reifezeit angerechnet werden dürfen, da dort kein effektiver Austausch mehr stattfinden kann. Zumal bestehen einige dieser Gefäße aus Edelstahl.
Im Gegensatz zum ersten 1995er Vintage, bei dem neben Ex-Bourbon-Fässer auch europäische Sherryfässer zum Einsatz kamen, reiften die Whiskys für diesen hier fast 21 Jahre ausschließlich in frischen amerikanischen Eichenfässern, von denen ein Teil zuvor für mehrere Monate mit Oloroso-Sherry gesättigt wurden, bevor sie im Juli 2016 vermählt und später dann in die Flaschen gefüllt wurden.
Zudem ungewöhnlich: statt mit den für Glenrothes typischen 43% wurde dieser hier mit stärkeren 45% abgefüllt. Ist da ein erfreulicher neuer Trend zu erwarten?
Glenrothes färbt nicht, aber auch dieser dürfte kühlfiltriert sein.
Nase
In der Nase hab ich gleich die typische erdig-ledrige und leicht muffige Glenrothes-Würze, die mich immer etwas an Pu-Erh-Tee erinnert. Dann auch gleich schon die angekündigte cremige Vanille und ein würziger Pinienhonig. Darunter dunkle Früchte wie überreife Trauben, frische Pflaumen, reife Honigmelone, süße Orangen und Orangenschalen, Rohrzucker, dunkle Zartbitterschokolade und knorrige Eiche. Der Alkohol sticht anfangs etwas in der Nase.
Geschmack
Kraftvoll und wärmend startet er im Mund, vollmundig spült er die ganzen süßen reifen Fruchtnoten über die Zunge, dazu dann eine wundervolle süße Vanille, richtig stark und mit leichten Karamell-Noten hab ich eine leckere Crème brûlée. Altes Leder und kräftige herbe Eichennoten rundes das Geschmacksbild ab.
Abgang
Der Abgang scheint anfangs recht kurz, da der kräftige Schwung vom Antritt ziemlich schnell abebbt. Aber die reifen Weintrauben, Vanille, Malzbonbons, Bitterschokolade und milde Eichennoten bleiben dann doch sehr lange hängen.
Kommentar
Die erste Auflage des Vintage 1995 wurde von vielen zurecht als etwas seicht und wenig komplex beschrieben. Dieser hier reifte nun noch fast sieben Jahre länger und es kamen andere Fässer zum Einsatz und man hat dadurch keinen direkten Vergleich – aber dafür einen deutlich komplexeren und voluminöseren Whisky. Auch der höhere Alkoholgehalt wird da sicher eine Rolle spielen.
Ein wirklich sehr schön gereifter Malt, dem die längere Lagerung außerordentlich gut getan hat.