Aultmore 25, 46%

25 Jahre – ein beeindruckendes Alter, da geht man schon mit einer gewissen Ehrfurcht an eine solche Flasche heran.
Der Whisky darin ist mehr als halb so alt wie ich und ich ertappe mich bei dem Versuch, mich zu erinnern, was ich vor 25 Jahren so alles gemacht habe. Und wieviel Zeit seitdem vergangen ist, in welche fernen Winkel dieser immer kleiner werdenden Welt es mich in dieser Zeit getrieben hat und wie ich mich in dieser Zeit verändert habe. An die Menschen, die ich traf und die meinen Lebensweg jeder für sich ein wenig beeinflusst haben.
Im Gegensatz dazu ruhte dieser Whisky still in seinen Fässern. Kein Anschlag, kein Krieg, keine Naturkatastrophe, keine noch so beängstigende politische Entwicklung dieser letzten 25 Jahre störte die langsamen Prozesse in den Fässern. Ab und zu ging mal jemand vorbei, nahm vielleicht eine Probe und entschied irgendwann – Ja, jetzt ist er soweit.
25 Jahre konservierte Stille.

Jetzt steht er hier vor mir und es wird weit weniger Zeit kosten, diese Flasche zu leeren. Es macht plopp und ich gieße ein Stück Geschichte ins Glas.
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Ölig und träge schwappt der Whisky im Glas, die Farbe würde ich als tiefes leuchtendes Rotbraun mit einem Kupfereinschlag bezeichnen.

 Nase

Eine schwere Süße mit dunklem Muscovado-Zucker und ausgelassenem kräftigem Karamell frisch aus der Pfanne wehen unvermittelt aus dem Glas, mächtiges würziges Eichenholz, das zwar die ganze Zeit präsent  aber nicht überlagernd ist, darunter dunkle Früchte wie reife Feigen und saftige Datteln, Trockenpflaumen, Rosinen, geröstete Gerste, süßer Pfeifentabak, speckiges Leder, aufgeschnittene Vanilleschoten, Tonka-Bohnen. Einen sehr leichten und milden Rauch nehme ich auch wahr, und da Aultmore ausschließlich ungetorftes Malz verwendet, dürfte der aus den beteiligten ausgebrannten Sherry-Fässern stammen.

Mir fällt es wirklich schwer, die Nase aus dem Glas zu nehmen – bei so viel Komplexität könnte ich ewig weiter riechen.

 Geschmack

Auch im Mund verbreitet er sofort ein öliges Gefühl mit viel herber Eichenwürze und der schönen schweren Süße. Auch ansonsten ein schönes Spiegelbild der Nase mit aromatischen Trockenpflaumen, geschwefelten Aprikosen und Vanille, Salzkaramell, und einigen Kräutern. Auch hier ist die Eiche omnipräsent eingebunden, ohne das Gesamtbild mit Bitterkeit zu dominieren

 Abgang

Im Abgang verbreiten sich wärmende herbe Eichennoten mit dunkler Frucht und einer malzigen klebrigen Süße, im langen Nachklang verbleiben die für Aultmore so typischen grasigen Heunoten und würzige Wiesenkräuter.

Kommentar

Dieser Malt zeigt, was aus einem eher leichten Speyside-Whisky mit gutem Fassmanagement herauszuholen ist – dieser Whisky ist alles andere als leicht! Er tritt schon in der Nase äußerst kräftig und voll auf und im Mund zeigt er mit einer beeindruckenden Wucht die ganze Palette hervorragend gereifter Whiskys! Da schwächelt nichts und kein Aroma drängelt sich in den Vordergrund, alles ist stimmig und sehr komplex und tief und wunderbar abgestimmt. Da wurde ganze Arbeit geleistet.
Ich hatte das Glück, diesen Whisky im Angebot für deutlich unter 200 EUR zu bekommen, für die er mittlerweile überall erhältlich ist. Die anfänglich nicht nachvollziehbare Preisgestaltung von über 300 EUR ist zum Glück obsolet und er ist jeden Cent der knapp 200 EUR wert! Man bekommt hier einen High-End-Whisky, der in allen Belangen nur begeistern kann.

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