Springbank Vintage 1996, 56%

 

Springbank gehört von Anfang an zu meinen Lieblingsdestillerien. Das hat vielerlei Gründe. Zum einen liebe ich natürlich den rauen und maritim-öligen Charakter ihrer Whiskys, zum anderen ist mir die Brennerei sehr sympathisch, in der vom Mälzen der Gerste bis zum Aufkleben der Etiketten auf die Flaschen alles vor Ort gemacht wird. Außerdem ist Springbank eine der letzten unabhängigen Destillerien, die noch nicht von einem der großen Sprituosenkonzerne aufgekauft wurde. Was bedeutet, dass ihnen keiner reinredet und sie genau den Whisky produzieren, den sie wollen. Und die treffen eben (fast) immer meinen Geschmack.

Dieser hier ist eine Einzelfassabfüllung, die für den deutschen Importeur für Springbank – die Hanseatische Weinhandelsgesellschaft – hergestellt wurde. Destilliert 1996, gereift in einem ehemaligen Amontillado-Sherry-Fass und 2008 mit 56% abgefüllt. Wie immer ohne Farbstoff und ohne Kühlfiltration.
Amontillado ist ein trockener Sherry, der in der Herstellung dem Fino ähnelt, aber am Ende ohne den Hefeflor unter Oxidation reift. In der Regel geben diese Fässer dem Whisky weniger die typischen dunklen, sondern eher hellere, vollmundige Fruchtaromen.

 Aroma

Die Nase geht gleich in die Vollen – Springbank-Würze mit viel Seeluft und Salz, reife und schon überreife Früchte, frisch geschälte Orangenschalen, kräftiges Karamell, würziger Tabak, brauner Rohrzucker, etwas herbe Eiche. Zarter Rauch rundet das ganze wunderbar ab.
Mit ein wenig Wasser wird er deutlich milder, viel malziger brauner Rohrzucker, es kommt eine kräftige Vanille und eine speckige Ledrigkeit hinzu und der würzige Tabak wird intensiver.

 Geschmack

Im Mund ziemlich ruppig, schwer und ölig und mit einer alkoholischen Schärfe legt er los, Salz und Würze, Tabak, grasig-erdige Noten. Und dann ist da eine nur schwer definierbare betörende tropische Fruchtnote, die so Richtung Papaya oder Mango geht und die nur kurz auftaucht und wieder verschwindet und mir schier den Verstand raubt. So etwas hätte ich eher bei einem Rum-Finish erwartet, sehr faszinierend! Je länger er im Mund verweilt, desto mehr drängen sich herbe Eichentöne und leichter trockener Rauch nach vorne.

Etwas Wasser lässt ihn mit würzigem Demerarazucker deutlich süßer und zugänglicher und von den Früchten her etwas sherry-typischer werden.

 Abgang

Im Abgang dominiert in erster Linie die europäische Eiche und die bringt eine herbe Trockenheit mit vielen Tanninen mit. Rauch und wieder eine tropische Frucht sind in Ansätzen vorhanden und klingen mit feinen Gewürznelken und frisch gemähtem Heu dezent und lange nach.

 Kommentar

Keine Sherry-Bombe, sondern ein stringenter geradliniger Springbank, dem das Amontillado-Fass aus europäischer Eiche ein paar faszinierende fruchtige Aromen und schöne Gewürze verpasst hat. Zugegeben – ich brauchte ein paar Drams, um mit diesem Springbank richtig warm zu werden. Er macht es einem nicht leicht und er ist definitiv kein Dram zum entspannten Genießen. Man muss sich schon mit ihm beschäftigen, wird dafür dann aber mit einem wunderbaren Aroma und im Mund mit einer vollmundigen und schweren Komplexität belohnt. Vor allem mit etwas Wasser zeigt er sein ganzes Potential und mausert sich zu einer sehr beeindruckenden und vielschichtigen Single-Cask-Abfüllung. Grandios!

91/100

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3 Gedanken zu “Springbank Vintage 1996, 56%

  1. Super Tastingnotes! Immer wieder spannend! Mach weiter so.. Find ich immer sehr faszinierend! Du kannst dich ja gerne mal bei mir melden! Vielleicht bekommt man ja ne Zusammenarbeit hin wenn es dir passt!

    Viele Grüße
    Nils Felske
    Malts Hamburg

    Gefällt 1 Person

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