Deanston Toasted Oak 2013, 56%

Schon sehr lange hab ich diesen legendären Whisky aus der Deanston-Destillerie auf meiner Wunschliste. Er kam in insgesamt drei Batches als Distillery Exclusive zwischen 2012 und 2014 auf den Markt und war – anders als heute – tatsächlich nur vor Ort in der Destillerie erhältlich und dadurch in der Tat sehr exklusiv. Mit einer Limitierung zwischen 313 und 604 Flaschen pro Batch war er vor allem aufgrund der tiefdunklen Farbe immer rasch ausverkauft und einzelne Flaschen finden sich immer mal wieder zu teils aberwitzigen Preisen auf diversen Auktionsplattformen wieder.
Dank der Flaschenteilung eines Freundes kam ich nun in den Genuss eines Samples und ich konnte kaum erwarten, diesen fast heiligen Gral deanston’scher Destilleriekunst zu probieren. Ein Riesendankeschön an Adrian Gabriel für diese einmalige Gelegenheit!

Anders, als man erwarten würde, stammt die dunkle Farbe nicht von frischen Sherryfässern, sondern man nahm hier acht ehemalige Bourbon-Fässer und brannte sie in vier verschiedenen Graden aus – das „charring„. Von leicht getoasted bis zu stark verkohlt, dem sogenannten Alligator Char, weil die ausgebrannte Oberfläche dem zerfurchten Panzer eines Alligators ähnelt. Je verbrannter ein Fass ist, desto intensiver ist der Austausch des Destillats mit dem Fass, weil es durch die Furchen tiefer in das Holz eindringen kann. Andererseits sorgt die Holzkohleschicht für eine vermehrte „Reinigung“ von unerwünschen Fehlnoten. Richtig steuern kann man das nie, daher ist so ein Verfahren immer als Experiment anzusehen. Nach neun Jahren Reifezeit in diesen unterschiedlich stark ausgebrannten Fässern vermählte man den Whisky und reifte ihn für weitere fünf bis sieben Jahre in ehemaligen Bourbon-Hogsheads und füllte daraus schließlich die drei verschiedenen Batches mit jeweils unterschiedlichen Alkoholstärken ab. Bei diesem Toasted Oak handelt es sich um das Batch #2 aus dem Jahr 2013, das mit 56% und ohne Kühlfiltration abgefüllt wurde.

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 Auge

Dunkles und leicht trübes Mahagoni schwappt da schwer und träge im Glas, die Legs sind zäh und langsam, ich kann mich auf ein volumenreiches Erlebnis freuen!

 Nase

Bei der Farbe erwartet man eine Sherry-Bombe – aber hier hat das Eichenholz das Wort. Mächtig und würzig und ohne grätzige Bitterkeit dominieren die ausgebrannten Fässer das sprichwörtliche Bouquet. Süßlich-herbe Röstaromen, eingelegte und leicht muffige Rum-Rosinen aus Opas Keller (Zitat: meine Frau…), Gewürznelken und altes kerniges Leder vermischen sich mit Noten von süßen Orangen und erinnern an frühe alte Glenrothes, als man da nach der Erweiterung noch nicht dem Butter-Toffee-Wahn verfallen war. Stark getoastetes Brot mit gewürzter Orangenmarmelade ist eine passende Assoziation. Je länger man riecht, desto mehr kommt auch der Deanston-Charakter durch, mit süßem Honig und schönen dunklen Malznoten. Aber alles immer unterlegt und konterkariert von den omnipräsenten Holzaromen, die das zu einem sehr spannenden Konglomerat vereinen. Alles sehr dick und volumenreich, sehr schön aufeinander abgestimmt und von einer aromatischen Tiefe, die ihn deutlich älter als 15 Jahre wirken lässt. Auch der Alkohol ist kaum spürbar schön eingebunden.

 Geschmack

Kaum auf der Zunge, perlt dieser Deanston mit einer Wucht und einer Fülle von Aromen durch den Mundraum. Es prickelt und tanzt und auch hier führt das Eichenholz die Flut von Aromen an. Zuerst noch herb und schroff, wird es immer süßer und fruchtiger. Wieder schöne saftige Orangen samt Zesten, würziger Heidehonig und tiefdunkles Malz setzen mit einer mundwässernden Süße dagegen und es ist ein regelrechtes Spektakel, was sich da abspielt. Süß und herb, sauer und würzig wechseln sich ständig ab und sorgen trotz nicht allzu ausgeprägter Komplexität für so einige atemberaubende Aha-Effekte.

 Abgang

Der Abgang ist dann eher mittellang und geprägt von viel Würze. Süß und sämig mit Zimt und Nelken und kräftigem dunklen Waldhonig. Herb-süße Orangen und zerkaute Espressobohnen sorgen auch hier für schöne Kontraste, die sehr volumenreich nachklingen.

 Kommentar

Kann dieser Toasted Oak die jahrelange Vorfreude und die Erwartungen erfüllen? Ja und nein. Er ist ein nicht nur in der Deanston-Range herausragender Whisky und verglichen mit den aktuelleren Limited Editions von Deanston kann dieser hier noch für echte Begeisterung sorgen. Hier sind noch schöne Ecken und Kanten vorhanden, da wirkt nichts vereinheitlicht oder auf Massenvertäglichkeit getrimmt. Ein spannendes Fassexperiment wurde mit Erfolg umgesetzt.
Andererseits hab ich seit meinen ersten Sehnsüchten nach diesem Whisky so viele grandiose Sachen im Glas gehabt, dass er sich da ohne Frage problemlos einreiht. Aber DER Whisky, der heilige Gral ist er mitnichten. Auf den warte ich weiter, sonst hätte ich ja keinen Ansporn mehr. Aber ausdrucksstarke Whiskys wie dieser hier sind rar geworden im Meer der zunehmend charakterarmen Sherry-Klone.

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