Hven Tycho’s Star, 41,8%

 

Nach dem Erfolg von Mackmyra entstehen auch in Schweden mehr und mehr kleine Brennereien, die Whisky produzieren. Zumeist als Nebenprodukt, da sie in erster Linie andere umsatzstärkere Spirituosen herstellen. Dazu gehört auch die Brennerei Hven, die auf der gleichnamigen kleinen Insel im Öresund an der Grenze zu Dänemark gelegen ist und deren Whisky ich zufällig bei meinem Urlaub in Mittelschweden entdeckt habe. Der musste natürlich mit und wurde noch vor Ort in der fast taghellen und mückengeschwängerten Mittsommernacht am Lagerfeuer probiert.
Betrieben wird die Brennerei seit 2010 in einem Hotel mit angeschlossenem Restaurant, einem Tastingroom und einem Spa. Neben Whisky wird dort auch Gin, Wodka und Aquavit gebrannt. Der Whisky wird aber in separaten Brennblasen aus Kupfer hergestellt, damit es keine Fehlnoten durch die anderen Brände gibt.
Bislang wird nur in kleinem Maßstab produziert und der Whisky ist fast ausschließlich in Schweden zu bekommen, und auch da nur vereinzelt. Erfreulicherweise ist man sehr offen und auskunftsfreundlich, was die Herstellung des Whiskys angeht. So schrieb man mir auf Anfrage detailliert, dass für das Brennen drei verschiedene lokale Gerstensorten verwendet werden, die biologisch auf der Insel angebaut werden. Von der Saat bis zum Aufkleben des Etiketts auf die Flaschen wird alles auf der Insel unter biologischen Aspekten produziert.
Gereift wird der Newmake sowohl in frischen luftgetrockneten und stark ausgebrannten amerikanischen Weißeichenfässern aus Missouri, als auch in getoasteten Fässern aus zwei verschiedenen französischen Eichensorten aus Allier und der Bourgogne. Da kann sich so manche schottische Destillerie mal ein Beispiel nehmen, die sich zumeist in geheimnistuerisches Schweigen hüllen, wenn es um Einzelheiten der diversen Whiskys geht.
Benannt ist der Whisky nach dem in der Fachwelt wohl sehr bedeutenden dänischen Astronomen Tycho Brahe, der im 16. Jahrhundert auf der Insel Hven lebte und neben diversen Sternen auch eine berühmte Supernova entdeckte.
Über das Alter gibt es keine Angaben, aber der Whisky wird weder gefärbt noch irgendwie filtriert in die schönen Flaschen abgefüllt, die in ihrer Form an Erlenmeyerkolben erinnern und als eine Remineszenz an die berufliche Vergangenheit des Chefs Henric Molin als Chemiker verstanden werden können. Verpackt in einem hübsch gebastelten Holzkasten.

Soweit das nette Storytelling. Mal schauen, ob er auch im Glas sonnengleich erstrahlt oder zu einem schwarzen Loch schrumpft.

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 Im Glas

Leuchtender kräftiger Bernstein – die dunkle Farbe ist wohl den stark ausgebrannten Fässern geschuldet. An Beinchenbildung ist kaum etwas zu erkennen.

Nase

In der Nase dann gleich schöner süßer mineralischer Rauch, der weder an Islay noch an den krautigen Rauch von Mackmyra erinnert. Das ist schönstes rauchiges Lagerfeuer mit gutem Laubholz. Dann habe ich braunen Rohrzucker, fette Vanille, dicke gelb-rote süße Äpfel und einen Hauch Birne, reife Bananen, saftige Zitrusfrüchte und feinherbe Orangenschalen, Süßholz/Lakritze und enfernt auch ein paar Kirschen, Rosinen und Marzipan. Die Eiche kommt deutlich mit schönen holzigen Noten nach Zeder, Gewürznelke und Zimtrinde. Trotz der nur knapp 42% ist der Alkohol spürbar, aber nicht stechend.

 Gaumen

Am Gaumen ist der Rauch dominant und weiterhin eher mild und süß, dazu Blütenhonig. Bei weitem nicht so fruchtig wie die Nase, hier habe ich in erster Linie schöne Gewürze und Kräuter unterlegt mit etwas Bananengelee und Birnen-Apfelkompott. Auch die Eiche ist stärker vertreten als in der Nase und setzt mit herber Holzigkeit Akzente. Alles wirkt etwas dünner, als es sein könnte – 41,8% halt…

Abgang

Im Abgang erwatungsgemäß langanhaltend rauchig, Eiche und Noten von süßlichem Heu und Kräutern.

Kommentar

Für einen alterslosen Einstiegswhisky, als der er gedacht ist, zeigt er schon viel Potential. Das ist ein astreiner Whisky, ich würde ihn ohne zu zögern auch nach Schottland verorten. Wo Mackmyra mit kuriosen Experimenten trumpft, setzt man bei Hven auf klassiche Verfahren und Lagerung.
Das eine oder andere Sherry- oder Rotweinfass könnte folgende Abfüllungen vielleicht runder machen und auch etwas mehr Alkohol stünde ihm deutlich besser. Ich werde die Destillerie auf jeden Fall im Auge behalten, da ist noch Raum nach oben und viel Gutes zu erwarten.

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