Wenn mir eines meiner zahlreichen USA-Reisen auf jedenfall in Erinnerung blieb, dann ganz sicher die atemberaubenden Landschaften Utahs. Neben den angrenzenden Staaten Arizona, Colorado und New Mexico und Idaho und Montana weiter im Norden, bietet gerade Utah mit seinen zahlreichen Nationalparks geradzu bizarre Landschaftformationen, die man eher auf anderen Planeten vermuten würde und die schon in zahlreichen (Neo-) Western als grandiose Kulisse dienten. Man steht da und hat das Gefühl, nie weiter geschaut und nie tiefer geatmet zu haben, als in dieser herrlichen Gegend. Und man bekommt ein Gefühl der Ehrfurcht und kann auch als Atheist nachempfinden, warum die ersten Siedler gerade den Westen „God’s own land“ nannten und hier die Religion tiefer verwurzelt ist, als in allen anderen Staaten der USA.
Als ich nun von einer noch recht jungen und auch noch ziemlich unbekannten Destillerie erfuhr, die ausgerechnet in dieser faszinierenden Gegend, die im Winter als Skigebiet dient, einige hochgelobte Whiskeys und außergewöhnliche Blends produziert, war mein Interesse sofort geweckt. Das blieb meiner ansonsten für Whisky überhaupt nicht zu begeisternden Frau offenbar nicht verborgen, und an Weihnachten fand ich diese Flasche Double Rye unter dem Weihnachtsbaum. Das muss echte Liebe sein!
Was neben dem Mut zu neuen Wegen sehr löblich ist: die Jungs schreiben genau drauf, was drin ist. Sogar die Mashbill der verwendeten beiden Ryes steht auf dem Etikett. So wurden hier zwei Rye-Whiskeys miteinander vermählt – ein sehr junger 93% Rye aus eigener Produktion und ein 16jähriger Rye einer anderen Destillerie mit einen Roggenanteil von 53%.
Mit 46% Alkohol abgefüllt und natürlich nicht gefärbt und nicht kühlfiltriert.
Dann mal ab in den Saloon, den roten Staub aus den Sachen geklopft, den Hut geradegerückt (die wirklich echten Cowboys kommen übrigens aus Utah und nicht aus Texas!), das Glas gesattelt und yeehaw!
Aroma
In der Nase frischer Pfeffer, eine schöne cremige Honigsüße und kräftige Vanille, dann überraschend harzig, Wacholder und deutliche, etwas muffige erdige Eiche. Dazu schöne würzige Kräuter und allerlei Gewürze wie Nelken, Zimtstangen, Muskat und Kardamom – für einen Moment hab ich das Gefühl, eher einen starken Gin im Glas zu haben!
Geschmack
Im Mund ein sehr trockener wärmender Antritt, sofort wieder schöne Gewürze wie in der Nase, Heidekraut, Majoran, sardische Myrte (die einzige, die ich bislang probiert habe), Vanille, Salz-Karamell, viel Eiche, und wieder schöne frische Pfeffernoten mit der dazugörigen Schärfe.
Abgang
Im langen Abgang vor allem würzige Kräuter und trockenes Holz, Wacholder, Vanille und Orangenschalen – das alles hallt noch richtig lange nach.
Kommentar
In Sachen Amerikanischer Whiskey bin ich nun wahrlich noch Novize, aber dieser hier ist ohne Frage der interessanteste und ungewöhnlichste, den ich im Glas hatte. Ganz außergewöhnliche intensive Kräuter- und Gewürznoten, vor allem schöner harziger Wacholder machen diesen Rye zu einem Erlebnis. Was man schnell als Fehlnoten abtun könnte, bildet hier ein stimmiges Konglomerat, das am Ende ganz wunderbar harmoniert! Von der Nase bis zum langen Abgang sehr spannend, sehr skurril und sehr sehr süffig! Das wird nicht der letzte Whisky aus Utah sein, der seinen Weg in meinen kleinen Whiskyschrank finden wird.
Ich hab schon ein Auge auf den den „Campfire“ geworfen – ein Blend aus Rye, Bourbon und einem rauchigen Schotten.
Vielleicht liest meine Frau ja mit…