Sloupisti 2012/2015, 40%

Ich gestehe – Whisky war für mich immer eine rein schottische/irische Spirituose – bis ich mal den schwedischen Mackmyra probiert habe und sich meine geographischen Whisky-Grenzen entsprechend verschoben haben. Das war bislang aber auch die einzige Ausnahme in meinem festen Whisky-Weltbild.
Der Sloupisti ist nun der erste deutsche Whisky, den ich probiert habe, und das auch nur, weil er in unmittelbarer Nähe meiner spreewäldischen Heimat in einer kleinen familiären Brennerei produziert wird und ich trotz aller Weltreiserei und überzeugten Weltbürgertums tief in meinem Herzen doch ein oller emotionaler Heimathansel geblieben bin.
Glaubt man der offenbar selbst gebastelten und wenig zeitgemäßen Webseite der Brennerei, hat die – schwer erhältliche – Fassstärke-Version in Jim Murray’s Whisky-Bible immerhin eindrucksvolle 94 Punkten eingeheimst. Also, allen Mut zusammengenommen und rein ins Glas.

* * *

Aroma

Blumig, parfümiert, würzige Kräuter, Veilchen, Lavendel, Weichspüler, herbes Nelkenöl, Muskatnuss, Eichenholz, Mundwasser,

Geschmack

Veilchenpastillen, Heidekraut, Honigsüße, Nelkenöl, Rosenwasser, Blecheimer

Abgang

Süße, würzige Eiche, Wärme, Schärfe

Fazit

In der Nase ist diese Spirituose derart ungewöhnlich, dass man zweifeln könnte, überhaupt einen Whisky im Glas zu haben. Solche Aromen hatte ich bislang noch nie in der Nase – zumindest nicht bei einem Whisky. Eine unschöne Assoziation hat sich bei mir sofort manifestiert: Zahnarztbesuch! Das liegt vor allem am dominant wahrnehmbaren Nelkenöl, das an entsprechende analgetische Tamponaden erinnert: ich sitze schwitzend und hilflos im Behandlungsstuhl, den tauben Mund vollgestopft mit Watte und die redselige Zahnarzthelferin trägt dazu einen rosigen Wollpulli, der stark nach Lenor riecht. Ist schon was anderes als Bilder von weiten Landschaften mit Schafen auf würzigen Wiesen, sanften Hügeln, windumtosten Klippen oder salziger Meeresgischt, die sich bei schottischem Whiskys aufdrängen…

Es hat mich schon einiges an Überwindung gekostet, ihn dann auch wirklich zu probieren. Im Mund ist er dann trotz der recht schwachen 40% ziemlich kräftig und legt mit einer schönen Schärfe los. Aber dann kommen auch hier die Veilchen und Nelken zum Vorschein, die aber mit einer angenehmen Süße und würzigem Heidekraut einen einigermaßen angenehmen Kontrapunkt erhalten. Der metallische Geschmack nach Blecheimer ist wohl dem sehr jungen Alter geschuldet.
Im Abgang ist der Sloupisti wärmend und es kommen dann noch eine herbe Eiche und eine Süße, die aber nicht allzu lange anhalten. Oloroso-Sherry, dessen Fässer laut Webseite auch zum Einsatz kommen, habe ich in keinem Moment wahrnehmen können.

Das ist DER Whisky für den nächsten Dentisten-Kongress! Im Nachhinein finde ich es geradezu schade, dass er so rein gar nichts von Spreewaldgurken hatte…

62/100

 

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